The Invisible Arsenal

Das unsichtbare Arsenal

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Atemtechniken werden in den meisten Fällen mit Meditation und Yoga in Verbindung gebracht. Was kein Wunder ist, denn der Begriff Pranayama (Atemkontrolle) ist etwa 2000 Jahre alt und erscheint erstmals in den frühesten yogischen Texten. Atmung sorgt nicht nur für Entspannung sondern ist ebenfalls ein Performance-Booster, der über Erfolg oder Misserfolg in Training und Wettkampf entscheiden kann. Ob explosive Power im Karate oder Flow-Zustände im Brazilian Jiu-Jitsu – jede Kampfkunst hat seine eignen Methoden entwickelt über die Atmung sowohl körperliche als auch mentale Vorteile freizuschalten.

 

Die physiologische Grundlage

Richtige Atmung reguliert dein autonomes Nervensystem und wechselt bei Bedarf vom sympathischen (Kampf-oder-Flucht) zum parasympathischen (Ruhe-und-Verdauung) Zustand.

Diese Kontrolle wirkt sich aus, indem sie 

  • Die arbeitenden Muskeln mit Sauerstoff versorgt
  • Milchsäure während intensiver Phasen abbaut 
  • Die Herzfrequenz für anhaltende Leistung variiert
  • Für geistige Klarheit unter Stress sorgt

Neurowissenschaftliche Forschungen haben einen neuralen Pfad identifiziert, der den frontalen Kortex mit dem Hirnstamm verbindet und sowohl die willkürliche Atmung als auch deine emotionalen Zustände reguliert. Im Grunde eine komplizierte Art und Weise auszudrücken, dass die Wissenschaft beweisen konnte, dass "Geist über Materie" ein nachweisbares Ding ist. Sechs Atemzüge pro Minute scheinen die optimale Atemfrequenz zu sein, um die Herzfrequenzvariabilität und Herzkohärenz zu maximieren. Das ist der Zustand, in dem Herz, Geist und Nervensystem synchron arbeiten. Kontrolliere deine Atmung, dann regulietst du die chemischen Vorgänge in deinem Gehirn.

 

Atemsysteme

Viele Kampfkunst Stile haben spezifische Atemtechniken entwickelt. Hier einige Beispiele:

Hara-Atmung
Traditionelle japanische Martial Arts betonen die Atmung aus dem Hara (Unterbauch), etwa drei Finger unterhalb des Nabels.

  • Senkt deinen Schwerpunkt
  • Reduziert Oberkörperspannung
  • Erzeugt Kraft aus deinem Kern
  • Festigt die Haltung während des Kampfes

Methode: Langsam durch die Nase einatmen und dabei den Unterbauch statt der Brust ausdehnen. Kontrolliert ausatmen und den Nabel zur Wirbelsäule ziehen.

Hara Breathing

Dan Tian-Atmung
In Qigong und Tai Chi gibt es etwas Ähnliches wie die Hara-Atmung, aber mit spezifischen Energiekultivierungsprinzipien aus der taoistischen Tradition.

Das Drei-Dan Tian-System beinhaltet

  • Unteres Dantian (unter dem Nabel): Körperliche Kraft und Ausdauer
  • Mittleres Dantian (Herzzentrum): Emotionale Regulation
  • Oberes Dantian (zwischen den Augenbrauen): Mentaler Fokus

Praktizierende visualisieren, wie der Atem durch diese Zentren zirkuliert und innere Energie aufbaut, während äußere Entspannung erhalten bleibt.

Rhythmische Kampfatmung
Thaiboxer entwickeln Atemmuster, die sich mit ihren Schlägen und Abwehrbewegungen synchronisieren.

Ausgeatmet wird während man die Technik ausführt

  • Maximale Kraftübertragung
  • Core-Stabilität
  • Psychologische Einschüchterung durch hörbares Ausatmen

Yoga Breathing Techniques in Martial Arts

Falls dir jetzt der Teil über BJJ und Rickson Gracie fehlt – entspann dich. Das kommt als nächstes :)

 

Traditionelle yogische Techniken

Rickson Gracie erlernte seine Atemtechnik bei Orlando Cani, der selbst ein Hatha-Yoga-Praktizierender war. Im Hatha-Yoga spielt die Atmung eine prominente Rolle und wird wie bereits erwähnt Pranayama genannt.

 

Ujjayi-Atmung (Siegreiche Atmung)

  • Ein- und Ausatmen durch die Nase
  • Erzeugt ein hörbares “Ozean”-Geräusch mit der Kehle
  • Baut Wärme und Fokus während des Trainings auf

Anwendung: Beim technischen Drilling oder während Aufwärmroutinen

Bhastrika (Balgatmung)

  • Schnelle, kraftvolle Ein- und Ausatmung durch die Nase
  • 10-20 Atemzüge gefolgt von Atemanhaltung
  • Aktiviert das sympathische Nervensystem für explosives Training

Anwendung: Vor dem Wettkampf oder vor dem Heavy-Bag-Training

Nadi Shodhana (Wechselatmung)

  • Ein Nasenloch mit dem Finger geschlossen halten
  • Durch das andere einatmen
  • Dies im Wechsel ausführen.

Anwendung: Regeneration nach dem Training oder mentale Vorbereitung

 Achtung: Falls du Atemwegserkrankungen oder gesundheitliche Bedenken hast, konsultiere einen Arzt, bevor du intensive Atempraktiken umsetzt.

Wenn es um die Atmung geht sind der spirituelle Aspekt und die prakmatische Methodik nicht weit voneinander entfernt.  In einer Welt endloser Techniken und Trainingsmethoden bleibt die Atmung die eine Praxis, die alles andere verbessert. Ob du es Qi, Ki oder einfach optimierte Nervensystemfunktion nennst , die Ergebnisse sind messbar. Optimierte Atmung steigert die Leistung, führt zu schnellerer Regeneration und besserem Stressmanagement.

Wer hätte gedacht, dass etwas, was wir etwa 20.000 Mal am Tag unbewusst tun, so viele Nuancen haben kann und uns auf so viele unterschiedliche Arten beeinflussen kann.

Danke fürs Lesen. Bleib neugierig!

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